B.A.R.F. – artgerecht, aber kompliziert

Hund barfen
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Die Abkürzung B.A.R.F. steht für „Born Again Raw Feeders“ („Wiedergeborene Rohfütterer„). Oder für „Bones And Raw Food“ („Knochen und rohes Futter„). Oder, eingedeutscht, für „Biologisch artgerechte Rohfütterung„. Gemeint ist freilich in jedem Fall das Gleiche: Der Vierbeiner wird mit Rohkost versorgt. Infrage kommen diverse Fleischsorten sowie Knochen als eine Calcium-Quelle. Der Anteil an Fleischprodukten beträgt beim Barfen in der Regel zwischen 70 und 90 Prozent der Tagesration. Den Rest bilden Gemüse-Mischungen und Kräuter.

Das Konzept des „Barfens“ nimmt an der Ernährung der wilden Vorfahren unserer Hunde – der Wölfe – ein Beispiel. In der Natur wird ein Beutetier gerissen und, je nach seiner Größe, sofort oder auch ein paar Tage lang verspeist. Kein gekochtes Fleisch, keine Breichen und verständlicherweise auch kein Trockenfutter.

Die Anhänger des Barfens meinen, dass auch die Haushunde auf eine ähnliche Art früher ernährt wurden. Doch so ganz stimmt es nicht. Die Hunde bekamen Anteil an der Jagdbeute, fraßen Innereien und alles, was der Mensch verschmähte. Häufig ging es dabei um Rohkost, jedoch nicht unbedingt. Auch gekochte oder gebratene Speisereste durften die Hunde futtern. Letztlich wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein auf die Ernährung der Hunde kein hoher Wert gelegt, Hauptsache, sie schlugen sich den Bauch irgendwie voll. Besonders wählerisch waren die Hunde auch nie. Ob sie mit einer solchen Ernährung gesund wurden, steht auf einem anderen Blatt.

Wie dem auch sein, die Rohfütterung für Hunde ist näher an den natürlichen Vorbildern. Ist sie allein deshalb schon vorzuziehen? Ja und nein!

Rohfütterung für Welpen und Hunde sinnvoll?

Natürlich heißt nur auf den ersten Blick besser, denn die Wölfe ernähren sich nicht unbedingt nur gesund. Letztlich fressen sie das, was sie bekommen. Eine Wahl haben sie nicht, deswegen sind Mangelerscheinungen bei den Wölfen keine Seltenheit. Besonders schwer haben sie es, ihren Bedarf an Jod, Zink und Calcium zu decken. Außerdem ist unbedingt zu berücksichtigen, dass die Wölfe nicht nur das Fleisch der Beutetiere sowie Knorpel und teilweise Knochen verspeisen, sondern sich auch an dem halbverdauten Mageninhalt laben. Im Magen von Rehen, Kaninchen oder Mäuse finden sich neben Laub, Rinde auch Getreidekörner. Demnach gehört Getreide entgegen der geläufigen Meinung durchaus zur natürlichen Ernährung der Caniden, also der Hundeartigen. Mehr zu diesem Thema in unserem Special.




Somit offenbart sich das größte Problem beim Barfen, nämlich, für eine ausgewogene Ernährung des Welpen und später des ausgewachsenen Hundes zu sorgen. Während das Fertigfutter alle Besonderheiten und spezifischen Anforderungen, darunter auch rasse- und alterstypische, berücksichtigt, bleibt der barfende Hundehalter mehr oder weniger auf sich selbst gestellt. Freilich finden sich online und in der Printliteratur genügend Rezepte fürs Barfen, jedoch sind nur wenige davon wissenschaftlich geprüft. Die neuesten Studien (Quelle: HundeWelt, April 2014, S. 36ff.) zeigen, dass ganze 90 Prozent der befragten Hundehalter ihre Hunde unausgewogen ernähren. Vor allem Jod fehlte: Über 80 Prozent der selbständig zusammengestellten Futtermischungen enthielten viel zu wenig davon. Auch Calcium und Vitamine wurden in zu kleineren Mengen verfüttert: Knapp die Hälfte der verwendeten Rezepturen wiesen einen Mangel an diesen Nährstoffen auf.

Barfen ist nichts für Anfänger

Es wird offensichtlich, dass Barfen viel Fachwissen und einiges an Fingerspitzengefühl bedarf. Nur rohes Fleisch und Knochen zu geben reicht bei Weitem nicht aus, um einen Hund artgerecht zu ernähren. Die Kräutermischungen, Mineralpulver oder zum Beispiel die Blaualge Spirulina sind, ohne viel Kenntnis verabreicht, nicht unbedingt gesundheitsfördernd. Problematisch ist außerdem, dass die genaue Zusammensetzung dieser Präparate nicht immer auf der Verpackung klar deklariert wird. Manchmal wird lediglich auf den Gehalt der wichtigsten Nährstoffe hingewiesen, die anderen werden außer Acht gelassen.

Auch auf die Infektionsgefahr beim Barfen sei an dieser Stelle hingewiesen. Zwar halten die Anhänger des Barfens dagegen, dass bei der Verwendung von geprüftem Fleisch die Infektionen kaum auftreten, jedoch sieht die Realität anders aus: Ansteckung mit Protozoen, Würmern oder sogar mit der tödlich verlaufenden Aujeszky-Krankheit ist leider nicht ausgeschlossen.




Weiterhin ist besondere Vorsicht bei der Knochenfütterung geboten. Die meisten Welpen nagen gerne an Knochen, jedoch kann ein intensives Kauen zum Abbruch der feinen Milchzähne führen. Knochensplitter – besonders von den Geflügelknochen – können im Rachen stecken bleiben und müssen dann operativ entfernt werden. Werden Knochen oder deren Teile in größeren Mengen verschluckt, kann dies zu schweren Verstopfungen oder sogar zum lebensgefährlichen Darmverschluss führen.

B.A.R.F. Vorteile und Nachteile:

Vorteile Nachteile
Naturnahe Ernährung, keine Zusatzstoffe Hohe Wahrscheinlichkeit von Fehl- und Mangelernährung
Bei einer selbst zusammengestellten Mischung weiß der Hundebesitzer, „was drin ist“ Knochenfütterung birgt Gefahren von abgebrochenen Zähnen bis zum Darmverschluss
Abwechslungsreiche Ernährung möglich Infektionsgefahr ist nicht zu unterschätzen
Schmeckt den meisten Hunden

Summa summarum wollen wir nicht unbedingt vor dem Barfen abraten, sondern nur Sie für die Probleme und Schwierigkeiten bei dieser Ernährung sensibilisieren. Korrekt angewandt, ist Rohfleischfütterung ein durchaus sinnvolles Ernährungskonzept und eine leckere Kost, die von den meisten Hunden gerne akzeptiert wird.

Hinweis: Wenn Sie Ihren Welpen barfen möchten und das Kleine zuvor nur Fertigfutter kannte, rechnen Sie nicht damit, dass er sich sofort auf das Rohfleisch stürzt. Der Welpe soll an das neue Futterkonzept langsam gewöhnt werden, indem er zunächst sein gewohntes Futter und etwas Rohfleisch mit Gemüse und weiteren Nahrungsergänzungen bekommt. Dabei ist gewolftes Fleisch, unter das herkömmliche Futter gemischt, eine gute Lösung. Erst nach einigen Wochen stellt sich der kleine Kerl auf das neue Futter um und darf größere Fleischstücke und auch ganze Knochen bekommen.

Denken Sie auch daran, die Entscheidung zu barfen möglichst früh und auch langfristig zu fassen. Genauso wie ein Welpe sich nur langsam an die Rohkost gewöhnt, ist auch die Umstellung zurück auf das Fertigfutter alles andere als einfach.

Also – Wenn barfen, dann ein Leben lang, jedoch stets mit Bedacht!




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